© Dietmar Seipt Juli 2012
Gebetstext wegen strengem Winter, Viehsterben und Hundersnot - von 1740
Gerechter / doch auch Barmherziger
und Allgütiger GOTT / wir demü=
tigen uns Vor Dir in kindlichem
Gehorsam / und küssen Deine Zucht=Ruthe /
die Du aufhehoben hast / unsere mannigfaltige
Sünden zu bestrafen. Du hast das Erdreich mit
ungewöhnlichem strengen Frost verschlossen ge=
halten / und Menschen und Vieh haben darü=
ber Mangel an ihrer täglichen Notdurft / ja
zum Teil Hunger und Kummer erlitten. Du
hast also die Luft und den Winter gerüstet zur
Rache über uns / und durch scharfe anhaltende
Winde / Schnee und Frost Deinen Willen ge=
gen uns ausrichten lassen. Wir empfinden da=
her noch itzung grossen Abgang an der zeitli=
chen Nahrung und Bedürfniß. Der Miß=
wachs / der Mangel an Getreide und Vieh /
und eine durchgängige Theurung drohet uns
mit noch härteren Strafen.
Wir gestehen auch in herzlicher Demut gern
vor Dir / daß wir diese Deine Väterliche Züch=
tigung durch Unvergnüglichkeit / Müssiggang /
Verschwendung / unbarmherzigen Geiz und
durch schändliche Sorgen dieser Welt uns zu=
gezogen / auch weit härtere Strafen allerdings
verdient haben. Wir bekennen / daß wir von
Deinem vorhin uns geschenckten Ueberfluß die
hungerigen nicht gespeiset / die Nackten nicht
gekleidet / und überhaupt die Sünde in uns
haben herrschen lassen.
Aber Du erbarmest Dich dennoch über alles /
o Du liebreicher Vater / und versiehest der Men=
schen Sünde / Daß sie sich bessern sollen. Denn
Du liebest alles / was da ist / und hassest nichts /
was Du gemacht hast.
So bekehren wir uns denn / o GOTT / zu
Dir mit zerschlagenem Herzen / und wenden uns
vom Unrecht / weil es noch heute heisset. Nimm
daher von uns alle unsere Missethat / und mache
uns zu Gefässen Deiner Barmherzigkeit / zu
Werckzeugen Deiner Gnade! Laß den wenigen
Vorrat / den wir haben / desto mehr an uns ge=
segnet seyn / und das Brodt unser Herz stärcken /
damit Deine Kinder lernen / die Du / HERR /
lieb hast / daß nicht die gewachsenen Früchte den
Menschen ernähren / sondern daß Dein Wort
erhält die an Dich gläuben. Tröste und sättige
insonderheit alle Hungerige und Arme / und er=
halte selbige in Christlicher Geduld / damit sie
an Deiner allmächtigen Vorsorge nicht ver=
zweifeln!
Wende auch in Gnaden ab fernen Miß=
wachs / theure Zeit / Hungers=Not und Vieh=
Sterben / und bewahre unsere Erndte vor Un=
gewittern und anderen schädlichen Zufällen! Be=
hüte uns insonderheit / daß wir hinfüro Dei=
ner Väterlichen Milde in keine Wege mißbrau=
chen / und laß uns am ersten nach Deinem Rei=
che und nach Deiner Gerechtigkeit trachten!
Erhöre / HERR / das Gebet derer / die Dich
anrufen / und laß endlich / wenn diese sichtbare
Erde vergehet / uns als Mit=Erben des Him=
lischen Jerusalems / wo Du Selber / GOTT /
alles in allem seyn willt / bei und in Dir seyn
ewiglich; durch Christum / Deinen Sohn und
unsern Mittler. Amen!
Gebetstext zur Wahl des Kaisers vom Römischen Reich Deutscher Nation - von 1745
DA auch durch die letzthin geschehene
Kaiser=Wahl das Römische Reich
Teutscher Nation mit einem OBER=
HAUPTE wiederum versehen worden:
so sey für deine noch über uns waltende Barm=
herzigkeit gedanket / und gib doch / o allwaltender
GOTT / der du selber alle Obrigkeiten ordnest und
einsetzest / daß solches zum Besten unsers ganzen ge=
liebten Vaterlandes gereichen möge / mithin dieses
nunmehro baldigst wieder beruhiget / folglich die Re=
gierung des neuen Kaisers jederzeit mit Frieden
und Segen begleitet / mit Gerechtigkeit und Ehren
gekrönet werde! Laß vornehmlich Ihn ein beständiges
Werkzeug deiner Gnade seyn / und die ihm übertra=
gene Gewalt nach deinen allerheiligsten liebreichesten
Absichten immerdar führen und ausüben / so daß
auch durch Ihn dein Wille bey uns auf Erden ge=
schehe / und dein Name geheiliget werde! Wir bit=
ten dich darum mit Inbrunst und Demut unsers
Herzens / und erwarten solches in gläubiger Zuver=
sicht von deiner väterlichen Fürsorge durch Chri-
stum / unsern Fürbitter / in welchem alle Ver=
heissung ist Ja und Amen.